Dienstag @ 2/18/2014
NICHTS Was im Leben wichtig ist
"Nichts bedeutet irgendetwas, deshalb lohnt es sich nicht,
irgendetwas zu tun.“, Pierre Anthon lässt seine Mitschüler schockiert
zurück, als er mit diesen Worten den Unterricht ihres kleines Dorfes
mitten in Dänemark einfach verlässt und sich auf den Pflaumenbaum seiner
Eltern setzt. NICHTS soll eine Bedeutung haben? Die
Klasse rottet sich zusammen und heckt einen Plan aus, dem Mitschüler das
Gegenteil zu beweisen – der soll sie mal kennen lernen!
Hätte ich eine Ahnung gehabt, was mich da erwarten würde, ich wär‘
mir nicht sicher gewesen, ob ich das Buch wirklich angefangen hätte.
Klar, ein Buch mit starker Gruppendynamik und Klassenzusammenhalt habe
ich schon erwartet – aber was die Autorin Janne Teller hier beschreibt lässt mir wirklich die Härchen auf den Armen zu Berge stehen.
Die Protagonistin Agnes schildert dem Leser den Verlauf des selbsterkorenes Projektes „Berg der Bedeutung“:
Die Klasse fängt an im ganzen Dorf Gegenstände mit Bedeutung zu sammeln
– und als das nicht genug ist, opfern sie, jeder nach und nach, einen
Gegenstand mit Bedeutung. Doch die Sache fängt an, aus dem Ruder zu
laufen als die Schüler mehr und mehr verlangen – da reichen die schicken
grünen Sommersandalen von Agnes nicht mehr, auch nicht das neue
Mountain Bike von Jan - wäre der kleine (verstorbenen) Bruder von der
Elena nicht viel bedeutungsvoller? Schließlich muss der Berg WIRKLICH
bedeutungsschwanger werden, um den sturen Pierre Anthon zu überzeugen!
Die Kaltblütigkeit mit der die Gruppe beim Erreichen
ihres Ziels voranschreitet ließ mir das Blut in den Adern gefrieren –
macht ein Mitschüler nicht mehr mit oder wehrt sich gegen das, was er
opfern soll, werden sie gewalttätig. Ungeduld wird hart bestraft und
Rebellen darf es hier nicht geben. Es ist ja alles für den guten Zweck,
nicht?
Der Schreibstil Janne Tellers ist einfach aber
sachlich, scharf und brutal. Die Schilderungen von Agnes kindlich und
klar verständlich. Natürlich ist die Geschichte von Agnes‘ und ihren
Mitschülern nicht realistisch – aber die Botschaft ist klar. Was hat im
Leben eigentlich eine Bedeutung? Und wie weit würde man dafür gehen? Ist
Bedeutung gleich Bedeutung, oder kommt es auf die Perspektive an? Der
Auslöser der Geschichte ist vielleicht etwas weit hergeholt – der gute
Pierre Anthon kann gar nicht so gehasst worden sein, als dass er eine
ganze Klasse mit seinen Fragen, die er ihnen auf ihrem Schul- und
Heimweg nachruft, gegen sich aufhetzen konnte. Auch die Figuren der
Erzählung sind nicht wirklich vielschichtig. Nicht einmal die
Protagonistin Agnes kommt mir so richtig nahe – doch wenn man sich vor
Augen führt, dass man es hier mehr mit einer Parabel als mit einem
realistischen Jugendroman zu tun hat, und jede Handlung weitaus mehr
symbolisch als wortwörtlich gemeint ist, fangen die philosophischen
Fragen, die „NICHTS“ aufwirft, doch an, mich nachdenklich zu stimmen.
Ich würde das Buch Jugendlichen jedoch nur mit Lesebegleitung
empfehlen – selbst mir ging der Roman sehr nahe, und ich bedauere es
etwas, keinen Lektüreschlüssel oder dergleichen zur Hand zu haben.
VIER von FÜNF Nichtigkeiten.
Titel: Nichts. Was im Leben wichtig ist
Originaltitel: Intet
Autorin: Janne Teller
Verlag: Hanser Verlag
Seiten: 144
Erscheinungsdatum: 26.07.2010
ISBN: 978-3-446-23596-0
Autorin aus: Dänemark
Nichts. Was im Leben wichtig ist ist im Hanser Verlag erschienen, bestellen kann man es hier.
Labels: Bücher, Buchrezensionen, Drama, Parabel