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Donnerstag @ 7/18/2013
(10) Liebesbekundigungen
I bet you'll die.

Soni lebt in der Play-Zone, und ist eine sehr erfolgreiche (wenn nicht sogar die beste) Zockerin. Ihren Lebensunterhalt verdient sie indem sie gewinnt - tausende von Gints, Soni haut jeden weg. Spielen ist das neue Arbeiten von früher (auch wenn daran keiner so genau denken möchte).
Soni selbst hat dabei nur ein Ziel vor Augen. Der neue MEISTER, ungeschlagenes Zockerwunder, zu werden. Dahin ist sie auch auf dem besten Weg, als sie auf einmal vom Staatschef der P-Zone einen riskanten Auftrag erhält.. Doch Soni wäre nicht Soni, wenn sie nicht zum Zocken bereit wäre.
I bet you'll die besitzt eine interessante Theorie: Die Welt (oder zumindestens Teile davon) ist zu einer Spielscheibe geworden,"normales" Arbeiten gehen ist für Außenständige, oder ziemlich uninteressante und langweilige Menschen. Wie zum Beispiel in der M-Zone, auch besser bekannt als Mother Zone. Dort haben sich nämlich alle Frauen versammelt, die es nicht aushielten, ihren Männern beim Verwarlosen und Gammeln zuzusehen.
Nein, ich mache keine Scherze - das Buch, sei dessen lapidare Handlung erst mal außen vor gelassen, spielt wirklich mit schwarz-weißen Genderklischees: Frauen zocken nicht (außer Soni, die sich schon mit 6 Jahren entschieden hat in der Play Zone zu bleiben anstatt bei ihrer Mutter in der M-Zone zu leben. Ja, Kleinkinder haben erstaunliche Entscheidungsfreiheiten.) und sind für Heim, Haushalt, Arbeit und alles "anständige" zuständig, Männer zocken gerne und können dabei ihre Grenzen kaum kontrollieren. Die beiden Zonen sind natürlich miteinander verfeindet und können sich auf den Tod nicht ausstehen.
Neben Genderproblemen behandelt das Buch auch (wie sollte es anders sein) Videospiele. Allerdings scheint der Autor* sich nicht wirklich mit aktuellen Videospielen beschäftigt zu haben, denn seine in der P-Zone vorhandenen Spiele ähneln kein bisschen den momentan modernen und teilweise sehr tiefgreifenden Rollen- und Storybasierten Games. In seiner Darstellung von Videospielen geht es nur um gewinnen oder verlieren: Andere Arten werden nicht thematisiert und sind folglich (in der P-Zone) nichtexistent.

Ein viel größeres Problem als diese oben angeführten haarsträubenden Darstellungen sind jedoch die Charaktere, die auch die letzte Hoffnung auf ein spannendes Buch zunichte machen: Soni ist ein unsympathisches Miststück die alles, aber auch alles kann (außer nett sein und Gefühle zeigen. Die Menschen in der Play Zone drücken sich nicht aus in dem sie Emotionen zeigen, sondern sie vor ihre Sätze stellen. Aggression. Wie kann so etwas sein!). Ihr bester Freund Kenjo ist eigentlich mehr Nervensäge als alles andere: Im Gegensatz zu Soni interessiert ihn das Zocken nicht so sehr, er interessiert sich viel mehr für das programmieren von Computerspielen (was auch nicht weiter thematisiert wird, was vielleicht mit der Simplizität der Spiele in der P-Zone zusammenhängt. Vielleicht WOLLEN die Chefs der P-Zone nicht, dass ihre Spiele komplexer werden, und vergleichen deshalb jedes Spiel mit altbackenen Spieleschlagwörtern wie Mario Cart, Pokemon u.Ä.? Wobei widerum auffällt, dass es kaum neumodische Spielebegriffe gibt. Ein Teufelskreis).

Die Handlung ist dabei unglaublich gerafft: Unendlich viele Zeitsprünge reihen sich an hastig dargestellten Momenten. Das Buch nimmt sich zuviel vor und vergisst dabei total die Hintergründe der P- oder M-Zone darzustellen, genaue Details werden nicht verraten und politische dreidimensionale Dimensionen vermisst man umsonst.
Das Ende des Buches deutes vieles an, ohne genaues zu sagen: Wofür sich Soni nun entschieden hat oder was ihre Ziele sind bleiben unklar, was nicht überrascht: In ihre Gedankenwelt konnte man sich sowieso nicht hineinversetzen. Fast hatte ich das Gefühl, dass der Autor selbst Soni nicht so recht leiden mochte (weshalb meiner Meinung nach auch ihr bester Freund mehr Screentime bekam und natürlich die Heldenrolle zugewiesen).

Finger weg! Ich habe selten einen derartig unsensiblen, großspurigen, schwarz-weißen und klischeehaften Roman gelesen.

KEINE
von fünf Erdeerdigits.

*der maßgeblich in der Medienbranche mit Kindern tätig ist und sich viel mit dem Thema Videospiele außeinandersetzt. Kann ja sein, merkt man leider nicht!


Titel: I bet you'll die
Autoren: Thomas Feibel
Verlag: sauerländer
Seiten: 222
Erscheinungsdatum: 1. Februar 2012
ISBN: 978-3-7373-6175-0
Autor aus: Deutschland
I bet you'll die ist im sauerländer Verlag erschienen, bestellen kann man es hier

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