Dienstag @ 12/18/2012
Die Wächter von Enruah.
Nur echt mit knalliger Mandarine und IKEA-relatetem Spiegel! :D |
Jakob ist vernarrt in Computerspiele. So auch in das Spiel namens Evertale, in dem er den ruhmreichen Darian spielt - einen Schwertkämpfer und äh.. Barbar?Doch auf einmal wird das Spiel Realität und er findet sich im Körper Darians wieder - mit dem Auftrag eine Schriftrolle zum Herrscher Enruahs, dem Magier Bokai, zu bringen. Dafür muss er jedoch erst an den Wächtern Enruahs vorbeikommen, die ihm seltsamerweise feindlich gesinnt sind..
Nun, nach Beenden des Romans, frage ich mich wirklich, was sich
der Autor denn bei diesem Titel gedacht hat - weder spielten die
Wächter Enruahs eine wirklich wichtige Rolle, noch hatten sie
wirklich einprägsame Charaktere. Doch zuviel vorgespult, kommen wir
erstmal zu allgemeinen Tatsachen:
Das Buch ist in fünf Teile aufgespalten, wobei der Erste und der Letzte die Rahmenhandlung bilden, Jakobs Leben im Hier und Jetzt -
also in der Wirklichkeit. Die mittleren drei Abschnitte spielen in
Enruah.
Vorab gesagt: Wer das Buch kennt und mag, wird mir wiedersprechen
wollen. Das ist okey. Wer das Buch kennt und noch LESEN möchte,
sollte gewarnt sein - ich halte meine Rezension spoilerfrei, aber
eine grobe Umschreibung des Inhalts kann ich nicht außen vor lassen,
um über das Buch zu tratschen.
Im ersten Teil wird uns Jakob als 0815-Gamer vorgestellt, der BWL
studiert (pfff) und sehr sehr unscheinbar ist. Keine Freundin, keine
richtigen Freunde, nur Philosophiestudenden mit denen er in einer
mehr oder minder langweiligen WG wohnt. Lediglich die Computerspiele
geben ihm wirklich Freude im Leben, denn dort bekommt er das, was ihm
im echten Leben verwehrt bleibt: Anerkennung.
Solche Klischees kennt man ja irgendwoher.
Im zweiten Abschnitt befindet sich Jakob nun in Darians Körper,
was ihm scheinbar keine großen Probleme bereitet. Er trifft auf den
ersten Wächter, entkommt seiner List und lebt einige Wochen
friedlich vor sich hin in einem Dorf. Soviel zur Spannung. Natürlich
trügt die Idylle und die Wächterin Miredala die professionell
einige Dorfbewohner abschlachtet und Darians Leihmutter ermordet.
Gute Frau.
Darian schließt sich daraufhin einer Rebellengruppe an.
Im dritten Abschnitt vergeht einige Zeit, in der der Held des
Buches umherreist - dann trifft er auf die mysteriöse alte Frau Pa,
die ihm einen Honigtrank braut indem er wilde Träume hat. Als er
aufwacht, halten ihn alle für einen Verräter, da er sich zu lange
von der Gruppe entfernt hat, ohne einen Pieps zu sagen.
Im vierten Teil weiß Darian nun endlich, wo er hin muss: Nämlich
zu Bokai, dem Herrscher des Landes, um ihm die versiegelte
Schriftrolle zu überreichen. Wusstet Ihr schon? Ich auch! Deshalb
les' ich ja das Buch. Schön, dass es der Protagonist auch endlich
kapiert. Irgendwann kommt er dann auch bei Bokai an. Doch der ist gar
nicht so ein cooles Schwein wie Darian immer gedacht hat - er ist
nämlich (langgezogener Piepton, Spoiler und so). Nach dieser
Erkenntnis stürzt sogar der Turm ein und nach einem kitschigen
Abschied beginnt der fünfte Abschnitt.
In diesem findet sich Jakob wieder in seinem echten Leben ein,
zieht sich Socken an und schläft lange. Dann duscht er. Dann klärt
er erstmal sein Mietverhältnis. Wirkliche Probleme sich in der
Wirklichkeit, die er ja quasi ingame monatelang verpennt hat,
zurechtzufinden, hat er keine. Er findet eine Freundin, wechselt den
Studiengang und wird glücklich.
Hmpf.
Wie aufmerksame Leser vielleicht bemerken dürften, bin ich
ziemlich unzufrieden. Selten hat mich ein Buch so enttäuscht wie Die
Wächter von Enruah - dabei hatte ich nichtmal hohe Erwartungen! Ich
wollte nur unterhalten werden! Doch da failt das Buch auf ganzer
Strecke. Folgende Dinge lassen sich meiner Meinung nach feststellen:
1) Darian aka Jakob ist einfach langweilig. Weder besitzt noch
entwickelt er im Laufe des Buches Tiefe oder so etwas wie eine
Persönlichkeit. Er besitzt vielmehr in seinem Abenteuer eine Art
"Mickey Mouse Charakter": Zwar plagen ihn hier und dort
Zweifel oder Bedenken etwas zu tun doch ihm gelingt mehr oder weniger
jede kleinste Tat. So hält er z.B. eine ergreifende Ansprache in
einem ihm unbekannten und wildfremden Dorf. Es ist nun nicht gerade
so, dass er als der Wortgewandste dargestellt wird.
Auch die anderen Charaktere bleiben blass und ziemlich transparent
- ich schaffte es nicht auch nur eine geringste Bindung zu ihnen
aufzubauen, was zum Teil an der stereotypen Darstellung der
Nebencharaktere liegt. Wie zum Beispiel.. den Wächtern! Der eine
scheint das Sinnbild der Arroganz zu sein, die andere die
überkochende Wut, der Dritte Zorn, oder dergleichen, der sich jedoch
zur Vernunft bringen lässt. Mehr bieten sie leider nicht.
2) Große zusammengefasste Abschnitte sowie starke
Verallgemeinerungen und überflüssige Anspielungen auf aktuelle
Titel wie Skyrim oder Assassin's Creed lassen das Buch
ziemlich oberflächlich erscheinen. Ehrlich, wieso musste in der
finalen Szene des Buches mehrfach Darth Vader namentlich
erwähnt werden? Mir als Leser schien fast, Darian als Charakter
schien nichtmal gefestigt genug, um ohne Nennungen dergleichen
auskommen zu können. Dies Vergleiche zu besagten Spielen sind zwar
ab- und zu passend, aber irgendwie stehts zu trockenhumorig angewandt
um wirklich originell zu wirken.
Da der Roman einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich
geschützt ist und ich nicht weiß inwiefern der Verlag für die
Leserunde auf Lovelybooks oder bei Rezensionen eine Ausnahme macht
(siehe Seite 6 im Buch), traue ich mich an dieser Stelle nicht etwas
aus dem Buch zu zitieren, weshalb es etwas schwer wird, zu
verbildlichen, was ich mit stark gekürzten Abschnitten meine.
3) Die Handlung des Buches ist, abgesehen vom Ende vielleicht,
ziemlich vorhersehbar und wenig originell, was auch nicht zuletzt an
der tristen Beschreibung der Welt liegt, die alles andere als
atmosphärisch und farbenfroh ist. Ganz egal, was uns die Rückseite
des Buches vespricht.
4) Die Wächter. Am Anfang des Beitrages schon mal angesprochen
und hier nochmal erwähnt: Lex, Miredala und Sahak bleiben unwichtig und spielen, abgesehen als plötzlich auftauchende Antagonisten die Darian in seinem Auftrag behindern, kaum eine Rolle. Als Leser hätte ich mir mehr über ihren Hintergrund gewünscht, außer zu erfahren, dass sie unglaublich böse Menschen gewesen sein sollen. Mich stimme das traurig und es hinterließ irgendwie im Hinblick auf den Titel des Buches einen bitteren Nachgeschmack.
Das Cover, muss ich dazusagen, finde ich sehr gelungen. Es ist eine schöne Darstellung eines inhaltlichen Teils, nämlich dem Turm Bokais. Auch die Karte auf der erste Seite im Inneren des Buches ist liebevoll gezeichnet und ganz interessant - wenn auch nicht unbedingt nötig.
Fazit: Letztendlich bleibt mir nur zu sagen, dass das Buch mit ein bisschen mehr Liebe zu den einzelnen Protagonisten wirklich ein unterhaltsames, wenn vielleicht auch leicht oberflächliches Buch hätte werden können. Doch leider bleiben
sämtliche Charaktere sehr eindimensional und ungreifbar, die
Erzählung ist humorlos und trocken erzählt, die Atmosphäre kaum vorhanden und nicht sehr lebendig. Auch die zu erwartende unterschwellige Botschaft des
Buches, "Lass dich nicht vom Spiel beherrschen, sonst beherrscht
es dich." nervt etwas. Wenn man einen genaueren Blick auf den Verlag (SCM Hänssler) des Buches wirft, macht die Botschaft schon mehr Sinn..
Als anspruchsvolle Fantasyleserin sowie Gamerin war das Buch in jeglicher Hinsicht unbefriedigend - keine Leseempfehlung von meiner Seite aus, auch wenn ich mir trotzdem vorstellen kann, dass das Buch 12jährige Halbteenager durchweg ansprechen könnte.
Ich danke dem Verlag und Lovelybooks.de für die Teilnahme an dieser Leserunde, auch wenn die Lektüre dieses mal ziemlich enttäuschend gewesen ist.
Autor: Timo Braun
Verlag: CSM Hänssler
Seiten: 352
Erscheinungsdatum: 1. Auflage Oktober 2012
ISBN: 978-3-7751-5405-5
Aus: Deutschland
Die Wächter von Enruah ist im SCM Hänssler Verlag erschienen, bestellen kann man es hier.
Eure Meinung zu dem Buch? Kennt Ihr es? Würdet Ihr es lesen? Hätte Euch die Inhaltsangabe angesprochen?
Labels: Bücher, Buchrezensionen, Computerspiel, Flops, Reviews